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25.04.1997
Trauungssaal, Bad Goisern


Aki Takase: piano (J/D)
David Murray: reeds (USA)

David Murray und Aki Takase in Bad Goisern: Zeitlos schönes Doppel-Spiel
David Murray zählt zur Handvoll der bedeutendsten Tenorsaxophonisten des Jazz. Die Japanerin Aki Takase ist eine der geschätztesten Pinistinnen. Als Duo ergänzen sich die beiden zu einer Partnerschaft mit zeitlos schönen Spiel. Die Jazzfreunde bad Ischl luden die beiden zu einem Konzert nach Bad Goisern
In Murrays Sagophon finden sich Tradition und Moderne Inhalte. Der voluminöse Ton eines Sonny Rollons bricht in die vibrierende Hektik eines Albert Ayler aus. Die großzügig geschwungenen Linien gehen über in eruptive Überblaseffekte, Hup- und Pfeiftöne. Gelassene Ruhe mündet in Leidenschaftlichkeit. Das gleiche gilt für seine Meisterschaft auf der Baßklarinette.
Takase bleibt nie Begleiterin, ist immer Solistin. Variantenreich bringt sie moderne Harmonik und freies Spiel zusammen. Beidhändig treibt sie die rhythmische Bewegung mit Rasanz, oft mit markanten Gegenrhythmen, voran. Thematisch ist der Abend Thelonious Monk gewidmet.
CHRIS THOMMARK - KRONENZEITUNG - 27.04.1997
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"Mönch in Ekstase" - ein Nachlaß mit großer Zukunft
David Murray und Aki Takse widmeten sich über Einladung der Jazzfreunde Bad Ischl dem Erbe der Pianistenlegende Thelonious Monk
Wieder ein Paar im Trauunssaal des Goiserer Gemeindeamtes: Wo Abercrombie und Partner damals ein klarer Fall für den Scheidungsrichter waren, überzeugte diesmal das Ja-Wort zwischen Saxophonist David Murray und Aki Takase naz und gar.
Mit den Jazzfreunde als Zeremonienmeister und reichlich Trauzeugen hielt die Verbindung Saxophon und Klavier diesmal weitaus mehr, als sie eigentlich versprochen hatte - das Viertel des "World Saxophone Quartet" und die gewesene Begleiterin von Maria Joao brachten eine Hommage an den großen Thelonious Monk zustande, über die sich der Wegbereiter moderner Jazzspielarten ganz bestimmt gefreut hätte.
Virtuosität ist sowohl für Murray als auch für Takase eine Selbstverständlichkeit, aber nie Selbstzweck. Schwarze Trditionsjazzlinien und die Errungenschaften des Freejazz aufgreifend und dabei das Beste beider Welten vereinigend, näherten sich der amerikanische Saxophonist und die japanische Pianistin Nummer für Nummer hochkonzentriert und behutsam dem Thema. Murray spielte sich mit zarten, verhaltenen Tönen (was für ein Vibrato!) an das Thema heran, näherte sich dem Kern des Stückes, um ihn dann in aberwitzigen Ausbrüchen zu sprengen und ganz am Ende unversehrt wiederherzustellen.
Oder: Zuerst wurde die Grenzen ausgelotet, und dann mit wenigen Schritten übertreten. Das kurzfristige Hintersichlassen harmonischer Pflichten gelang Murray als Akt musikalischer Befreiung, ohne exaltiert oder kraftmeierisch zu klingen.
Takase ihrerseits lies dem Saxophon viel Platz, beschränkte sich auf das Allernötigste und kümmerte sich vor allem um die Konturen. In ihrer Solonummer bearbeitet die Pianistin ein mit Blechstücken präpariertes Klavier, wobei sie die belegten Saiten perkussiv einsetzte: Es klang, als wäre ein mechanischer Leierkasten unter Hochspannung gekommen. Murray verließ sich in seinen bündigen Soloauftritten ganz und gar auf seine Möglichkeiten in der Klanggebung. Sein Spektrum reicht von pianissimo bis entfesselt.
Dank des Respektes vor Monk einerseits und voreinander andererseits ein glänzender Abend, der mit einem simplen, aber umso schöneren Blues endete, den sich ein mitgerissenes Publikum erklatscht hatte.
Florian Sedmak - BISZ - 02.05.1997