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27.10.1994
Festsaal, Bad Goisern

Charles Lloyd: ts, as, fl, comp, ld (USA)
Bobo Stenson: piano (S)
Lars Danielson: bass (S)
Billy Hart: drums (USA)

Jazziger Balladenmeister
Ein Musiker, der in den 60er Jahren maßgebend an der Einbindung des Jazz in die damalige Jugendkultur, der Flower Power, beteiligt war, gastierte im Neuen Festsaal in Bad Goisern. Die Jazzfreunde Bad Ischl hatten Charles Lloyd eingeladen. Sein verinnerlichtes Spiel erhielt begeisterte Zustimmung
Auf der Bühne stand ein zerbrechlich wirkender Mann, der beim Spiel am Tenorsaxophon und auf der Flöte Empfindsamkeit offenbart. Seine ethnische Herkunft, die etwas vom Afrikaner, Mongolen, Cherokee und Irländer hat, mag der Boden für diese Seelenlandschaft sein. Seine Balladen sind Meisterwerke instrumentaler Lyrik. Mit bescheidenem Gestus bläst er sie an, moduliert sie mit poesievoller Harmonik und lässt sie in mehr gefühlten als gespielten Hauchtönen ausklingen. Sein körperbetontes Spiel bringt immer verhaltene Dynamik und kontrollierte Leidenschaft. Man spürt, was er meint, wenn er „Musik machen als besondere Gabe, als Geschenk“ bezeichnet. Manches in seinem Repertoire ist neu, viele der melodiösen Titel mit ihrer tänzerischen Rhythmik sind seine Hits der 60er. Perfekt die Begleitung durch den Schlagzeuger Billy Hart, das Schwedische Piano-As Bobo Stenso und den Bassisten Lars Danielson.
CHRIS THOMMARK - KRONENZEITUNG – 31. OKTOBER 1994
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Charles Lloyd und sein Quartett begeisterten
Die Jazzfreunde Bad Ischl luden zu einer Begegnung mit lebendiger Musik
Das Faszinierende am Jazz ist die Möglichkeit, jemanden tief in seinem Inneren berühren zu können. Die Schönheit und Tiefe dieser Kraft ist ehrfurchtgebietend – und gerade mit dem Saxophon lässt sich die Zeit, in der wir leben, musikalisch besser ausdrücken als mit jedem anderen Instrument.
Mit Musik kann man eine bessere Welt schaffen, eine Welt mit mehr Licht und Ewigkeit – das sagt man über Charles Lloyd (ts, as, fl, comp, ld), der über Einladung der Jazzfreunde im neuen Goiserer Festsaal aufspielte. Mit ihm waren Bobo Stenson (piano), Lars Danielson (bass) und Billy Hart (drums) gekommen.
Lebendige Musik, auf das Wesentlichste konzentriert, widerspiegelt Transparenz, Freiheit und universelle Gültigkeit. Diese Musik ist nicht abhängig von Traditionen, Trends oder bestimmten Stilen, da dominieren nicht die Fragen nach Noten, Akordwechseln, Formen oder Ideen, und auch nicht jene nach Virtuosität und Technik, sondern das Streben nach Unabhängigkeit von Zeit und Raum.
Charles Lloyd mit seinem warmen, weichen Ton faszinierte die Zuhörer mit ausdruckstarkem Spiel ebenso wie mit lyrisch-ruhigen Passagen. Abgerundet wurde der Abend durch explosionsartige Einwürfe mit percussiven Elementen, getragen von sanfte, aber beständigen Beckenschlägen eines Billy Hart, von teilweise rockartigen Passagen vom Bassisten Anders Jormin und den musikalischen Möglichkeiten des Pianisten Bobo Stenson, der den Flügel mitunter auch zu Hackbrett oder Zither „umfunktioniert.“
REINHOLD UNTERBERGER