26.11.1998
Lehar Filmtheater, Bad Ischl

Jamaaladeen Tacuma: e-bass, vocals (USA)
Ahmad Wadud: poetry, vocals (USA)
Kwesi Daryl Burgee: drums (USA)
Jean-Paul Bourelly: gitarre (USA)

Bohrend eindringlicher Funk-Sturm
Funk-Sturm im Bad Ischler Stadtheater: Jamaaladeen Tacumas „Brotherzone“ trat mit neuer Besetzung und einer überlangen Show auf. Tacumas E-Bass ist immer für expressiv rhythmisches Powerplay gut. Mit bohrender Eindringlichkeit reiht sich, unterlegt vom Schlagzeug Kwesi Daryl Burgees, kurze melodische Phrase an Phrase. Auch der neue E-Gittarist Jean-Paul Bourelly steigt mit dem schrillen Diskant seines Instrumentes in die Tiefen der schwarzen Seele. In diesen Blues Groove mischt sich die Black Poetry des Ahmad Wadud.
Peter Baumann: Kronenzeitung, 29.11.1998

  • Jean-PaulBourelly

Groovelüsternes Vorhaben mit viel gesprochenem Wort
Brotherzone – das schwarze Projekt von Jamaaladeen Tacuma: Ein Abend, an dem Up & Downs ineinanderflossen und doch noch ein schlüssiges Konzerterlebnis ermöglichten
Die Versuchsanordnung dieses Konzertereignisses war durchaus reizvoll. Wann hört man im Salzkammergurt schon guten Jazz-Funk, noch dazu gekoppelt mit einem Vertreter der „Black Poetry“? Trotzdem verlief das Programm der schwarzen Troika nicht ohne Knackpunkte und gewisse Unsicherheiten. Zumindest für den Rezensenten! Ich habe den Abend im stilvollen und gar nicht dancegeeigneten Lehartheater als eine Gratwanderung erlebt. Glauben Sie mir, die Schwarze Musik in all ihrer Bandbreite ist mir seit Jahren eine Herzensangelegenheit. Unzählige Soulgrößen und Funkmatadore haben mein musikalisches Geschmacksempfinden immer wieder beeinflusst und vorbestimmt. Und gerade wegen dieser Vorlieben habe ich den ersten Teil des Abends als sehr zwiespältig erlebt. Trotz aller Funk & Groove Ingredienzien habe ich die Darbietung von Tacuma und seinen Leuten als allzu feine und durchgestylte Wiederaufbereitungsanlage der schwarzen Musiktradition empfunden. Das Ablaufdatum ihres Jazz-Funks ist schon leicht überschritten. Bassist Tacuma ist selbstverständlich ein begnadeter Musiker, sein ganzes Leben ist wahrscheinlich eine große Basslinie. Jean-Paul Bourelly hat unter Jazzfans ein großes Renomee, sein Mitwirken bei den diversesten Jazz- und Rockprojekten fast schon Legende. Gerade deshalb darf man sich mehr als ausgeklügelte Saitenspielereine erwarten. Beide Musiker besitzen grenzenlose instrumentelle Qualitäten, überschreiten jedoch die gefährliche Grenze zu selbstverliebtem High-Speed Musizieren. Ihr Vortrag klang für mich nur gelegentlich wirklich befreit. Ich vermisste das Ausbrechen in neue, vielleicht auch riskante Richtungen. Klar, beide haben im Fundus des 70iger Jahre Jazz-Funk ordentlich gesucht und ach viel an Musikalität gefunden. Gefehlt hat die ordentliche Portion Soul bei dem Ganzen. Die Grenz zu blutleerem Technik und effektverliebtem Gehabe nach dem Motto „Je mehr Artistik – umso besser“ wurde fast überschritten. Doch dann hatte der konzertante Abend einen fast merkwürdigen Break-Even-Point. Das Mitwirken von Ahmad Wadud hat meinem Empfinden nach den Wendepunkt bewirkt.
Ein Mann der Sprache und der große Worte
Dieser Poet und Erzähler hat dem Ganzen genau den notwendigen Soul und das Gefühl gegeben. Dies ist ein Mann der Sprache und der großen Worte. Auch ohne alles zu verstehen, hat sein Vortrag immens große Aussagekraft und vor allem Gefühl, auch für die Melodie der Worte. Wadud ist für mich ein Mann mit immens großen „lyrical skills“. Er steht ganz in der Tradition der schwarzen Lyriker und Performer, die die Schule der so genannten „Spoken Word Poetry“ begründeten. Er erzählt und rapt von Alltagsgeschichten, von „universal love“ und spickt das Ganze immer wieder mit erotischen Anspielungen. Dadurch hat das Konzert ein tolles Design aus Beats und Rhymes gewonnen! Brotherzone ist in diesem Zusammenhang tatsächlich ein schönes und faszinierendes Crossover-Projekt. Die Kollaboration zwischen dem Funk-Jazz und dem Wort gewinnt an eigener Identität. Irgendwie konnte man nach dem Konzert glauben, dass Musik so lange eine Zukunft hat wie Menschen sprechen. Nebenbei war wieder einmal interessant, wie ein weißes Mittelstandspublikum die schwarze Authentizität aufzusaugen versucht . . .
Roland Holzwarth: Salzkammergut Zeitung, 6.10.1998
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