24.01.1997
Trauungssaal, Bad Goisern


John Abercrombie: gitarre (USA)
Marc Copland: piano (USA)

Abercrombie & Copland in Bad Goisern: Lyrische Zwiesprache
Eine kammermusikalischen jazzabend von berührender Zärtlichkeit konnte man am Freitag in Bad Goisern genießen. Die Jazzfreunde bad Ischl luden zu einem Konzert mit dem pianisten marc Copland und dem Gitarristen John Abercrombie. Ein verzücktes Publikum lauschte der lyrischen Zwiesprache.
Abercrombie ist bekannt als kongenialer Partner für improvisierende Dialoge. Sein Spiel auf der akustischen Gitarre ist ungemein reichhaltig an melodischer und rhytmischer Fabulierkunst. Damit ergibt sich ein ideales Zsammenspiel mit Copland. Wie kaum ein anderer erinnert er an das seelenvolle Anklingenlassen der Saiten eines Bill Evans. Selbst emotionell starken Momenten verliert er nicht die Kontrolle über seine Finger. Abecrombie und Copland musizieren ganz im Stile immergültiger Jazztechniken. Sie nehmen Ideen des  Partners auf, reichern sie mit eigenem an und lassen fertige Kleinode zurück. Dabei geben die beiden den Stücken über das korrespondierende Miteinander hinaus neue Inhalte. Wie zum Beispiel in Charlie Parkers "Au privave", das mit harmonischer Phantasie einen gänzlich neuen Charakter gewinnt.
CHRIS THOMMARK - KRONENZEITUNG - 26.01.1997

  • JohnAbecrombie_H_RolandHolzwarth

Copland und Abercrombie - ein leises Stückchen Jazz-Musik
Die US-Amerikaner lieferten ein feines und fast zu perfektes Balladenprogramm ab.Die (zu?) tadellose Vorstellung hinterließ trotzdem einem Hauch von persönlich bediengter Unberührheit
Der Trauungssaal der Gemeinde Bad Goisern als Rahmenbedienung für ein Jazzkonzert. Nun ja,... ein großes Fragezeichen. Ein sehr weihevolles Ambiente für einen sehr gediegenen Jazz-Lieder-Abend. John Abercrombie ist für mich ein klingender Name und musikalischer Wegbegleiter durch meine Jazzhörgeschichte.
Der Mann mit dem dicken Schnauzer hat in den 7ßer Jahren mit seinen Veröffentlichungen für das Münchner ECM-Label zartmusikalische "Schneisen" für die Entwicklung der Jazzgitarre geschlagen. Unaufgefordert bin ich cor 20 jahren zu seinen Konzerten nach Linz gereist.
Zusammen mit Wegbegleitern wie Terje Rypdal, Ralph Towner und Pat Metheny hat er mit seinen Gitarrentönen die Kassen des Labels und die Konzertarenen gefüllt. Wer kennt sie noch, diese einstmals klingenden Namen?
Lobeswert, daß sich der Oldie Abercrombie noch immer auf die "Tournee-Socken" macht. Fast zwei Jahrzehnte nach seinen bahnbrechenden Issues auf ECM mit Jan Hammer und Jack DeJohnette packt er noch immer die gepflegte jazzgitarre in den Tourneekoffer. Über Einladung der Jazzfreunde Bad Ischl gastierte er am Freitag mit Marc Copland in Bad Goisern. Ihr zweiteiliges Set bestand nur aus balladenartigen Stücken. Zum teil aus dem Repertoire aus der "Timeless-" und "Characters"-Zeit, aber auch neueren Stücken aus der aktuellen CD "Secons Look".
Die beiden hochkarätigen und erfahrenen Könner führten die begeisterten Zuhörer mit vielen feinsinnigen Akkordfolgen und blindem musikalischem Verständnis durch den Abend.
Selbstverständlich spielen die Herren eine Musik voller Gleichklang und Hingabe auf der Basis totalen gegenseitigen Vertrauens und unbegrezten Verständnisses.
Die Pianoakkorde Coplands berühren wie zarte Regentropfen die superfein abgestimmten Mikrophone. Die Saiten der Gitarre werden mehr gestreichelt als mit Power "angerissen". Abercrombie frühere Dynamisierung der  leisen Gitarretöne wird nur für Minuten angedeitet. Dei Hall- und Echoefekte des Gitarreninstrumentariums sind eine Angelegenheit von Augenblicken. Der alte Schabernack Abercrombie setzt seine ehemals spitzfindigen Tricks nur noch selten ein. "Mein John" ist mir zu sehr "Saitenschmeichler"!
Selbst bei einem Konzert der sogenannten leisen Töne darf man mehr Dynamik im Vortrag erwarten. Mir war's zuviel Kunstmusik, serviert auf dem hochglanzpolierten Tablett der Perfektion. Bei einem Charlie-Parker-Stück kam allerdings für einen Moment Heiterkeit auf. Abercrombie deutete Bottleneck- und Bluegrass-Spiel an und Copland brachte Querverweise zur Boogietradition. Der Rest war überwiegend Kammermusikalisches aus der Jazzretorte.
Ein Abend der Baladden und schönen Tonfolgen -alles schön "mellow and blue"!
Der Wohlklang wurde für mich zur bittersüßen Verführung. Ein so eng ausgerichtetes Repertoire brigt einfach Gefahren.
Bei der erste Zugabe hat im speziellen Abercrombie bei der Interpretation eines alten ECM-Songs seine Qualität und sein Gefühl für Spannungsaufbau gezeigt. ich hätte mir mehr von der Art gewünscht. Die totale Verzögerungsmusik der beiden wurde mir auf Dauer zu viel. Baladden werden leicht zu gefährlich "süßem Gift" und lähmen durch den absoluten Zustand der Ruhe die gesamte Körpermotorik. Vielleicht liegt dieses Empfinden aber einfach an meiner "zeitgeschichtlichen" Aufarbeitung der Jazzmusik, im speziellen der ECM-Ära. Immerhin habe ich am vergangenen Wochende einige alte Vinyls aus dem Plattenschrank geholt...
Roland Holzwarth - BISZ - 30.01.1997
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