28.11.1996
Kurhaus - Bad Ischl


Jörg Widmoser: Violine (D)
Winfried Zrener: Violine (D)
Andreas Höricht: Viola (D)
Jost-H. Hecker: Cello (D)

Jazz-Grenzwanderer: Erfrischende Lebendigkeit
Das kammermusikalisch instrumentierte "Modern String Quartett" gastierte im Kurhaus Bad Ischl. Die Virtuosen aus München verweigern dogmatische Grenzen zwischen europäischer Konzert- und amerikanischer Jazzmusik
Eine künstlerisches Konzept, das publikumswirksam durchgezogen wird: kompositionen und Arrangements aus eigener Feder haben wesentliches gemeinsam. Eine rhytmisch bewegte und kurzweilige Grundstimmung zeichnet nicht nur die Titel aus der modernen Jazzliteratur aus. Auch die Eigenwerke, von liebenswürdiger Romantik geprägt, haben erfrischende Lebendigkeit. teils sind Melodien mit ihrer Ohrwurmqualität in jazznähe angesiedelt. Die Jazznummern ihrerseits gewinnen durch konzeptionelle Strenge reizvolle Profile. Rhytmische Funktion bis zum swingenden Walking Bass übernimmt nicht nur das Cello. Rhytmische Riffs dreier Streicher unterlegen den Improvisationen deftige Grundmuster.
CT - Kronenzeitung, 01.12.1996

  • JoergWidmoser-WinfriedZrenner_sw_KlausWallner
  • Jost-HHecker-AndreasHoericht_sw_KlausWallner
  • ModernStringQuartett_1_sw_KlausWallner
  • ModernStringQuartett_2_sw_KlausWallner

Akademiker machen sich einen Jux
Ein Abend mit dem "Modern String Quartett" in Bad Ischl - wäre nicht vor kurzem Herr Balanescu in der Gegend gewesen, man hätte zufrieden sein können
Weil unsere deutschen Nachbarn den Stau so lieben und gerade den Winteranfang mit Hingabe dazu nutzen ihn so richtig zu zelebrieren, kam das Münchener "Modern Strin Quartett" erst zu dem Zeitpunkt, wo eigentlich schon die Pause nach dem ersten Konzertteil hätte sein sollen. Vor angesichts der Warterei im Kulturabstellsaal im Kurhaus leicht demoralisertem Publikum stürzten sich die Musiker gleich ins Programm und legten mit dem zur Jahreszeit passenden "Summertime" von George Gerschwin einen energischen Kaltstart vor. Damit war auch schon die Marschrichtung für den ersten Programmteil vorgegeben, der aus Adaptionen mehr oder weniger abgestandener Klassiker bestand. Neben Dizzy Gillespie gab es auch - raten Sie was - Joe Zawinul zu hören ("Mercy, Mercy, Mercy", falls Sie Zweifel hatten).
Ma'redt jo nur
Bei einem so feinen Programm und technisch so versierten Musikern, die natürlich schon einigermaßen Erstaunliches in den Streichquartettrahmen plazierten, verbietet sich ja eigentlich jede Herunnörgelei, doch so rechte Stimmung wollte sich nicht einstellen. Beim alljährlichen Zuwachs an Tonträgern, Musikern und Musik überhaupt ist es  natürlich schwer, noch was richtig Neues zu machen und ein ausgefuchstes publikum zu verblüffen.
Trotz der stilistischen Bandbreite des "Modern Strin Quartetts" wirkte vor allem die erste Hälfte stets ein klein wenig akademisch, was durch die Abspielung schon x-mal gehörter Standards nicht eben besser wurde. Die Publikumsbegeisterung hielt sich dann auch in Grenzen, was daran gelegen haben mag, daß das Gros der Zuhörer erst vor kurzem Herrn Balanescu mit seiner truppe nicht unweit von hier erleben durfte. Im direkten Vergleich zugute zu halten ist den Münchnern auf alle Fälle. daß sie ohne elektrische Verstäkung und ohne Zuspielungen vom Band auskommen, sonder technische Puristen bleiben und ganz ohne Blattvorlagen auskommen. Die Perkussionseffekte wurden mit dem Bogen oder den Fingern erzeugt, der für Jazzbaladen typische Klang von Schlagzeugbesen entsprang einem über die Saiten gelegten Stück Papier.
Kultur tut weh
Im zweiten Teil standen dann Eigenkompositionen der Ensemblemitglieder auf dem Programm - das vergnügen bleib dennoch ziemlich kopflastig und angestrngt. Das spielerische Moment bleib im Hintergrund und eigentlich wäre mit dem Konzert aufgeschlossenes Klassikpublikum besser bedient gewesen, als die Klientel der "Jazzfreunde", denen trotzdem Dank für den Mut zum kulturellen Risiko gebührt.
Florian Sedmak - BISZ. - 05.12.1996
  • AndreasHoericht_KlausWallner
  • JoergWidmoser-WinfriedZrenner-Jost-HHecker_KlausWallner
  • ModernStringQuartett_1_KlausWallner
  • ModernStringQuartett_2_KlausWallner