13.03.1985
Kurhaus - Theatersaal, Bad Ischl

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George Adams: ts, fl, voc (USA)
Don Pullen: piano (USA)
Cameron Brown: bass (USA)
Dannie Richmond: drums (USA)
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Ein musikalischer Kraftakt
George Adams Don Pullen-Quartett begeisterte im Ischler Kurhaus
Die Werbung und das Engagement der Veranstalter (Jazzfreunde Bad Ischl) waren groß bis hektisch, die Erwartungen vielfältig, die Besucher kamen in Scharen, der Einlaß ins Kurhaus erfolgte mit 40minütiger Verspätung, die Musiker kamen mehr oder weniger direkt vom Flughafen Salzburg auf die Bühne des Ischler Kurhauses. All dies ließ auf ein Konzert internationaler Größenordnung schließen. Angesagt war am 13. März ein Top act aus den USA, das George Adams – Don Pullen-Quartett, mit Cameron Brown und Dannie Richmond das momentan erfolgreichste Jazzensemble der Vereinigten Staaten! Bad Ischl als Jazzhauptstadt Österreichs?
Nach erstaunlich kurzem sound-check gings los. Den Auftakt machte die George Adams-Crew mit einer Nummer in der Bebop-Tradition und sofort wurde den Zuhörern klar, daß hier Spitzenleute am Werk waren, wenngleich die Musiker im ersten Teil Akklimationsschwierigkeiten hatten bzw. sich erst auf die Tücken der vorbereiteten Instrumente einstellen mußten.
Einer Piano-Größe wie Don Pullen, einem Musiker voller Intensität (seine überaus negative Reaktion auf die Blitzlichter der Photographen, die er mit Konzentrationsschwierigkeiten begründete, wirkte auf mich trotzdem arrogant), hätte man gern einen dynamischeren Flügel gewünscht. Was dieser schwarze Musiker dem „abgewrackten“ Theatersaalflügel trotz allem entlockte, war erstaunlich, das technische Können und die Brillanz seines Spiels großartig, die Art und Weise, wie er freie Spieltechniken mit Blues- und Jazzakkorden verknüpfte, schlicht einmalig.
Was soll man zu George Adams selbst schreiben? Dieser Mann ist ein Kraftlackl, eine Figur wie ein Body-Builder, der seinen wuchtigen Körper auch in seine Musik umsetzt. Nur so kann sein Spiel derart intensiv und mitreißend sein. Er spielt sein Saxophon nicht, er bearbeitet es und entlockt ihm auch harte, grelle Töne, er stöhnt und schreit mit Hilfe seines Instrumentes. Wenn er aber gleich darauf Balladen interpretiert, streichelt er es und erzeugt zarte, gefühlsame Akkorde, die man in der Dichte nur selten hört. Sein Duo-Stück im zweiten Teil des Abends zählt für mich rückblickend zu den schönsten Jazz-Balladen. Ein Thema mit derart gefühllastiger Stimmung können wohl nur Amerikaner in der Form bringen.
Und eine Stimme hat dieser Mann auch, die von ihm eingestreuten Gospelzitate, ihr leicht anrüchiger Gesang, erinnern an die schwarze Bluestradition, an den Sound der sechziger Jahre, an Klubs in Harlem. Es wurde mir klar, was Jazz bedeutet.
Die Rhythmusgruppe Cameron Brown und Dannie Richmond stand natürlich etwas hinter diesen beiden Ausnahmekönnern Adams und Pullen zurück. Brown agierte exakt und technisch gekonnt, Richmond kämpfte den ganzen Abend mit den unüberhörbaren Mängeln des Schlagzeugs. Wie kann man einem solchen Rhythmiker nur ein derartiges Schlagzeug zur Verfügung stellen?
Der Abend war ein Streifzug durch die Bereiche der schwarzen Musik. Die Zeit blieb bei all der Begeisterung irgendwie stehen, nach Mitternacht spielte die Combo noch einen Blues, das Publikum war begeistert, eine halbe Jazz-Nacht zu Ende.
ROLAND HOLZWARTH – SALZKAMMERGUT ZEITUNG - 21. MÄRZ 1985
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