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13.11.1992
Kaurhaus - Bar, Bad Ischl


Nelson Ayres: Piano (BR)

Paulo Bellinati: Guitar (BR)
Lelo Nazario: Piano (BR)
Teco Cardoso: Saxophon, Flute (BR)
Rodolfo Stroeter: Bass (BR)

"Pao Brasil" demonstrierte im Ischler Kurhaus ihr Können
Verschmelzung von Musikkulturen
Der südamerikanische Kontinent hat wie kein anerer Erdteil außerhalb Nordamerikas die Jazzmusik mit den Besonderheiten der eigenen Musikkultur verschmolzen. Ein besonders schönes Beispiel dieser Assimilation präsentierten die Jazzfreunde Bad Ischl im Kurhaus. "Pau Brasil" erntete dafür reichen Beifall.
Die "Edelhölzer", so die  Übersetzung des Bandnamens mußten mit dem Handicap, kein Schlagzeuger zu haben, fertigwerden. Für Pailo Bellinati, Gitarre, Lelo Nazario, Piano, Teco Cardoso, Saxophon und Flöten und Rodolfo Stroeter, Bass, war das eine große Herausforderung. Ihre Energieeinsätze mußten anders verteilt werden, um die so notwendige Rhythmuskomponenten einzubringen. Die Musik bekam dadurch einen, auch für die Musiker neuen, kammermusikartigen Charakter. Die akustische Gitarre und die Saxophonstimmen vermittleten dabei üppigen Melodienreichtum brasilianischer Folklore, ohne in die Allttäglichkeit südamerikanischer Tanzmusik zu verfallen. Diese verbundenheit mit dem kulturellen Erbe gab auch den Improvisationen, die bis in den Freejazz-Bereich gingen, den reizvollen Charakter nationaler Eigenständigkeit. Dem Veranstalter ist genügend Unterstützung zu wünschen, um derart erfreulische Begegnungen öfter zu ermöglichen.
CT - Kronenzeitung, 19.11.1992
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Aus edlem Holz geschnitzt
Jazzfreunde sorgten für lateinamerikanischen Nachschlag
Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage sorgten die Jazzfreunde für Latin jazz: War es vor gut zwei Wochen der "Hexer" Hermeto Pascual mit seinem Sextett, der Rhythmen und Themen seiner brasilianischen Heimat musikalisch verarbeitet, gab es am vergangenen Freitag einen Nachschlag: "Pau Brasil", zu deutsch"Edelhözer", gastierten in der Kurhausbar.
Dem Quartett - eigentlich sind sie zu fünft unterwegs, aber Drummer Nene blieb auf der (Reise-)Strecke zurück - gelang es positiv zu überraschen. Entgegen der Erwartung konzentriert sich "Pau Brasil" weniger auf puren Jazz sondern bieten vielmehr eine recht melodiöse Mischung Latin Jazz jener Prägung, wie es sich das Publikum von Brasilianern zumeist wünscht und wie es von diversen Vorbildern, die sich in Europa einen guten Namen mit dieser Musik machen konnten, vorexerziert wurde.
Bei "Pau brasil" stehen also viel weniger schräge, ausgelassene passagen im Mittelpunkt wie vergleichsweise bei Hermeto Pascuals Konzert wenige Tage zuvor, Gitarrist Paulo Bellinati, der auch in zahlreichen Soloprojekten aktiv ist und mit seinen Soli sein außergewöhnliches Können zeigte, Lelo Nazario am Piano, Rodolfo Stroeter am Baß und Saxophonist Teco Cardoso sogten für einen weiteren musikalischen Höhepunkt im Programm der Jazzfreunde.
Einmal mehr entsprach jedoch der Publikumszuspruch nicht dem, was sich die Veranstaltung verdient hätte. Lediglich fünfzig interessierte dieses Konzert, etwa hundert waren es bei Hermeto Pascual gewesen. Und das, obwohl eine Umfrage unter dem Konzertpublikum ergeben hatte, gerade Veranstaltungen dieser Art würden auf besonderes Interesse Stoßen.
Hannes Heide - BISZ, 18.11.1992