27.01.2011
Gasthaus im Alten Sudhaus, Bad Ischl

Vladimir Karparov: reeds (BG/D)
Kelvin Sholar: piano (USA)

„Die Musik ist meine erste Liebe!“
Sein Lächeln ist ansteckend. Und wenn er lacht, glänzen seine Zähne. Dann lachen auch seine Augen. Der Afroamerikaner Kelvin Sholar hat eine bemerkenswerte Karriere als Jazzpianist und Komponist gemacht. Vor vier Jahren hat er seinen Lebensmittelpunkt in Berlin gefunden. Vorher ist er „überall“ gewesen. Er redet mit Begeisterung über Klavierspielen und Improvisieren. Wie ist es möglich, dass ein Amerikaner bearbeitete bulgarische Volksmusik spielt? „Wenn ich sie fühle, dann kann ich sie spielen“ und er hält seine Finger in der Nähe des Herzens. Englisch „steht“ ihm besser, aber Kelvin ist bemüht auch Deutsch zu sprechen. Jedenfalls ist die Musik seine erste Liebe.
Vladimir Karparov kommt aus Bulgarien und vermisst vor allem seine Freunde. Dann die bulgarische Seele. Wenn er davon spricht, dass „man in Bulgarien viel mehr lacht“, merkt man Trauer in seinem Gesicht. An die bulgarische Sonne und die Gerüche auf den Straßen in der Heimat erinnert er sich gerne. „Wenn Du auf der Straße läufst, riecht es“. Wonach? „Nach gegrilltem Paprika oder Blätterteigkuchen mit Eiern und Schafskäse“. Einem Ausländer würde er die Höhlen im Rodopagebirge, den Gipfel Perelik bei Smoljan und Sozopol an der südlichen Schwarzmeerküste zeigen, also nur Plätze, wo man „Gänsehaut“ bekommt. In Berlin lebt der junge Saxophonist seit mehreren Jahren und musiziert aktiv auf der multikulturellen Jazzbühne. Die bulgarische Musikfolklore ist für ihn eine Quelle voller Energie und Ideen. Auf der Suche nach dem eigenen Kompositionsstil ist er auf eine Mischung der Jazztraditionen mit Elementen der Volksmusik gekommen. Das macht seine Musik einzigartig, lebendig, vielfältig.
Die „Jazzfreunde“ in Bad Ischl haben die Begegnung mit Karparov und Sholar am 27. Jänner 2011 ermöglicht. Gespielt hat das Duo zehn eigene Kompositionen und Arrangements mit unterschiedlichem Charakter und Tempo: wie die Balladen „Song for N“ und „Na Mama“ oder die lebhaften Stücke „Gipsy Smile“ und „Thracian Dance“. In den expressiven Melodien in „Apolonia“ hört man fast ein bulgarisches Volksinstrument, den Kaval. Überall haben beide Musiker mit Virtuosität überzeugt und die Kunst der Jazzimprovisation perfekt beherrscht. Zwei kontrastvolle Zugaben krönten den Abend: die Bearbeitung eines lyrischen, melancholischen Liedes in Moll „Wie schön bist du, mein Wald“ nach Texten des bulgarischen Dichters, Schriftstellers, Revolutionärs und Nationalhelden Ljuben Karawelov, sowie „Ivailovsko horo“, ein schneller Tanz des bulgarischen Klarinettisten mit roma-türkischer Herkunft Ivo Papasov - Ibrjama.
Die wenigsten wissen, dass Karparov und Sholar nur „die Hälfte“ des Jazzquartetts „Karparov“ sind. Die andere „Hälfte“ bilden der Percussionist Dimitris Christides und der Bassist Horst Nonnenmacher. Man kann sich nur wünschen das gesamte Quartett in Österreich zu hören.
Yuliya Atzmanstorfer - 1. Februar 2011

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