21.11.2002
Weinhaus Attwenger, Bad Ischl

Heinrich von Kalnein (D/A): saxophones, flute
Marek Balata (PL): voc.
Uli Rennert (A): keys, percussion
Achim Tang (D/A): bass

"Songlines" im Attwenger: Vokalartistik und feinstes Musikhandwerk
Wunderbare Welt der Stimme im Jazz - ganz ohne Worte
Das "Jazz - Wohnzimmer" Attwenger hat am vergangenen Donnerstag wieder mal prächtig funktioniert. Zu den regelmäßig stattfindenden öffentlichen "Jazz - Familien - Treffen" der Jazzfreunde lädt man sich auch gern mal musikalische Gäste ein, die man zwar so genau noch nicht kennt, denen allerdings ein sogenannter guter Ruf vorauseilt. Gemeinsam mit diesen Gästen genießt man ein wunderbares Ergebnis der Gastfreundschaft und des zwanglosen Auseinandersetzens, Musik.
Diesmal waren zu Gast Marek Balata, Heinrich von Kleinen, Uli Rennert und Achim Tang als Teile eines Projektes, das eigens für Ischl zusammengestellt wurde und am Donnerstag Abend "genau 36 Stunden alt" war, so Saxophonist von Kleinen bei seiner Zwischenmoderation. Und dieses Projekt bezieht die Kräfte aus einerseits routiniertem und gut ausgebildetem Jazzer - Dasein und exotischer osteuropäischer Gesangs- und Musikkultur. Gilt doch Marek Balata als Vorzeigevokalist Polens. Seine wunderbar modulierbare Stimme und seine faszinierende Gesangstechnik trifft bei "Songlines" hiermit auf allerfeinstes und doch bescheidenes Jazzhandwerk. Der "abendländische" 3-er konstruiert am Bass (Tang), mit den Tasten (Rennert) und am Saxophon (von Kleinen) wunderbar elegante "Songlinien" und verknüpft diese zwischen ziemlich frei und sehr luftig bis heiter pendelnden Jazzstrukturen mit dem exotischen vokalen Ausdruck des Polen Balata. Das Ganze hat nur partiell mit klassischen Jazz zu tun. Vielmehr geht es um die vollkommene Kommunikation zwischen der Stimme und "normalen" Instrumenten und in Folge bei "Songlines" natürlich auch um das respektvolle Aufeinandertreffen verschiedener kulturell bedingter Musikdeutungen. Das Ergebnis dieser von großer Toleranz geprägten Auseinandersetzung ist facettenreiche Weltmusik, die von indianisch meditativ angelegten Stücken bis zu transsylvanischen Klageliedern reicht. Tolle Musiker, so ganz nebenbei. Ganz ohne Selbstüberschätzung, ständig auf der Suche nach Neuem. Und dazu ein Sänger, der fast den ganzen wunderbaren Abend lang ohne "gesungene Worte" auskam und gerade deshalb mehr zu sagen hatte als unzählige "Liedplauderer" zusammen.
Sehr sympathisch das Ganze, sehr familiär und damit eindringlich, diese Vorstellung der "songlines". Und man freut sich schon wieder auf das nächste Familientreffen mit Gästen, am 23. Jänner mit Mangelsdorff und Weber/Weber."
Roland Holzwarth - Bad Ischler Rundschau; Nummer 48; Donnerstag, 28.11.2002

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