24.09.1999
Kongress & Theater Haus, Bad Ischl

Eberhard Weber : Bass (D)
Reto Weber: Percussion (CH)

Die Jazzfreunde Bad Ischl luden zu ihrem ersten Konzert im umgebauten Kongress- und Theaterhaus
Mit Eberhard und Reto Weber (nicht verwandt) traten zwei singuläre Persönlichkeiten des europäischen Jazz auf. Beide zeigten sich im Duo und in Solonummern als ausgeprägte Individualisten.
Eberhard Weber zählt mit seinen 60 Jahren zu den Pionieren der deutschen Moderne. Mit selbstkonstruiertem elektro-akustischem Baß erzeugt er atmosphärisch singende Töne, die lange nachklingen. Auch Reto Weber ist auf seinen Percussions-Instrumenten nicht nur Rhythmiker. Die melodische Komponente seiner prägnanten Handschläge vereint sich in idealer Partnerschaft mit dem Baß.

CT: Krone Zeitung - 28. September 1999

  • EberhardWeber_ECM-Records_RobertoMasotti

Weber mal Zwei – kleines Jazz-Duo mit großem musikalischen Charisma
Fünf Saiten und viele Felle – Weber und Weber zeigen im Kongress- und Theater Haus die Bandbreiten des zeitgenössischen Jazz auf und wussten zu gefallen.
Duette sind ja im Jazz als Besetzungsspielart ein durchaus bekanntes Phänomen. Wenngleich es für den Zuhörer immer wieder interessant und spannend ist, sich auf ein solches Duo im Rahmen eines Konzertes einzulassen. Weber x 2 waren da ja fast eine sichere Bank. Eberhard Weber ist selbst in Nicht-Jazz Kreisen kein unbekannter. Er ist eine der Leitfiguren im europäischen Jazz und steckt zusammen mit Kollegen immer wieder das „Revier“ des Jazz in Europa ab. Er war nie ein Traditionalist, ein eifernder Bewahrer, ein Gralshüter des Schönen und Guten, vielmehr war ihm immer das Gespür für musikalische Freiräume wichtig. In den 70er Jahren war Weber E. Wegbereiter des Jazz-Rock mit dem alten Kompagnon Volker Kriegel (wo ist dieser große Gitarrist eigentlich verblieben?) und darüber hinaus Gründungsmitglied des „United Jazz und Rock Ensemble“. Jahre später war genau er der richtige Mann mit dem passenden Bass-Ton für die Sax-Elegien von Jan Garbarek, bevor dieser fast ins New-Age mäßige abgedriftet ist. In diesen Tagen ist ihm scheinbar mehr nach Percussivität. Welch ein netter Zufall, dass es in diesem Segment einen weiteren Weber gibt, nämlich Reto Weber. Dieser ist Schweizer und Weltreisender in Sachen Musik. Er ist Scout für die Rhythmen dieser Welt und dadurch auch Sammler für Rhythmus-Zeugs aus allen Kontinenten.
Weber und Weber sind zumindest im Moment nicht nur Namensvettern, sondern gleichberechtigt Suchende nach den Beat- und Rhythmusskeletten des Jazz in all seinen Facetten. Blindes Vertrauen zwischen den beiden Partnern darf bei diesem Suchen vorausgesetzt werden, Respekt für das jeweils andere Instrument kommt dazu. Als Ergebnis, das die Zuhörer (es waren wieder einmal keine „Massen“) zu gefallen wusste, gab’s jede Menge kleine Musik-Puzzle-Teile. Mal afrikanisch gefärbtes Material mit Weber R. an der Kürbistrommel und einem Weber E. am unglaublich (für seine Verhältnisse) pulsierenden und treibenden Bass. Die von ihm bekannten runden Bassläufe kamen in diesem Kontext darüber hinaus äußerst treibend und druckvoll und klare Melodielinien über das Getrommle legend. Mal gab sich das Duo karibisch, aber jenseits aller falschen Rumkugeln- und Kluburlaubswelten. Die Steeldrums von Reto Weber verschmolzen mit Eberhard Webers Bassfiguren. Ethno-Jazz, aufs Wesentliche reduziert, nämlich Rhythmus und Emotion - das gefiel dem Publikum. Eberhard Webers Spiel, sein Handling des von ihm entwickelten elektro-akustischen Basses hat sich über die Jahrzehnte nur graduell verändert. Reminiszenen an seine großen Alben auf ECM waren mir sehr willkommen. Das Solo-Stück „Dilirium“ zeigte seine ganze Größe, vor allem der Einsatz der Echo-Box verstärkte die volle Zartheit aber auch Wucht seines Bassspiels.
Der Vortrag von Weber und Weber war als Ganzes wie aus einem Guss. Große Musiker wie die beiden Herren brauchen keine Eitelkeiten, keine Selbstdarstellungen, sie lassen einfach ihre Instrumente sprechen und erzeugen gerade dadurch Spaß, Flair und vor allem Emotion. Allein Reto Webers Schlagzeugspiel war für mich seltsam rudimentär und skelettiert. Fast nur Beckenarbeit – sonst nichts – Absicht? Für kleine Jazzereignisse wie an diesem Abend scheint mir der kleine Saal im Kongress- und Theaterhaus auch nicht das Gelbe vom Ei zu sein. Hat sich an den Raum-Nöten der kleinen, aber bemühten Kulturinitiativen wie den Jazzfreunden nichts geändert?

Roland Holzwarth: Salzkammergut Zeitung - 1. Oktober 1999

  • RetoWeber_AmoriRecords