01.10.1998
Lehar Filmtheater (Foyer), Bad Ischl

Tom Müller: saxes (D)
Gerhard Schmitt: gitarre (D)
Markus Blüml: bass (A)
Lukas Knöfler : drums, perc (A)
Gary Barone: trompete, flügelhorn (USA)

Ein familiäres Hauskonzert, wenn auch im kleinen Kreis
„Schmittke“, der Jazzvierer aus drei europäischen Ländern mit dem special guest Gary Barone aus den USA brachten kaum Neues aus der Jazzwelt. Es blieb bei einem netten Rundgang durch die Jazz-Zeitgeschichte
Es ist ja so eine Geschichte mit dem Jazz an sich und im Speziellen mit Jazzkonzerten in der Leharstadt. Laut aktuellen demoskopischen Erkenntnissen hören ein bis zwei Prozent der Bevölkerung Jazzmusik. Die daraus abzuleitende arithmetische Spekulation auf ca. 130 Besucher ging sich an diesem Abend bei weitem wieder nicht aus. So ist es einfach! Die Combo „Schmittke“ hat daher fast zu einem privaten „Hauskonzert“ in einem schicken Hinterzimmer eingeladen. Familientreffen mit musikalischer Untermalung – wir kennen das ja zur Genüge. Die vielen Düringer-Bewunderer zogen fast achtlos bei der ersten Jazzrocknummer vorbei. Dabei hat es doch ganz ordentlich gegroovt und aus den Boxen gekracht.
Musik mit großer Erinnerungskapazität
Das Repertoire der Band kann sich durchaus sehen lassen, flott und ohne große Hemmungen gespielt. Respekt für die großen Vorbilder und doch Mut zu eigenständigen Ansätzen und Ausflügen. Alles ging nach dem Motto vor sich: „Nett, wieder einmal davon zu hören“, Musik mit großer Erinnerungskapazität also. Es war in der Tat eine Art Lehrausgang ins Jazz-Rock Museum mit guten museumspädagogischen Ansätzen. „Schmittke“ brachten weitgehend Eigenkompositionen aus der Feder von Gitarrist Gerhard Schmitt. Querverweise auf die Jazz(Rock) Entwicklungslinien der 70er Jahre waren nicht zu überhören. Prägend dafür war gelungenes Blech-Gebläse von Saxophonist Tom Müller und dem Gast dieses Abends, Gary Barone. Partnerschaftliches Vorantreiben und solistisches Nebeneinander zeichneten die beiden aus. Die samtweichen Töne von Barone erinnerten mich an den große Chuck Mangione und seine prägenden Balladen aus der großen Zeit des Fazz-Rock. Der große Engländer Ian Carr mit seiner stilbildenden Band „Nucleus“ wurde von den beiden Herren in meiner musikalischen Erinnerungswelt freigelegt. Triebfeder des ganzen Abends war die Gitarre von Gerhard Schmitt. Die zwanzig Jahre alten Platten mit den Funk-Riffs aus den guten alten „Parliament“ und George Clinton Tangen hat er sich gut angehört. Zu den etwas „abgenudelten“ Rockriffs alter Haudegen hat er wenig Berührungsängste. Die Rhythmussektion spielte sich ohne große Bruchstellen durchs buntgemischte Programm. Die Herren Markus Blüml und Lukas Knöfler agierten wie ein gutgelaunter Wegweiser durch die Welt der Latin-Grooves bis hin zu Swingzitaten. Alles in allem war das Ganze ein gutgemeinter Jazzeintopf. Manchmal waren mir die Stil-Gewürze etwas zu vordergründig. Von Vielem etwas – darunter leidet gelegentlich der eindeutige Geschmack. Aus „Alt“ wird so schnell nicht „Neu“ – oder nur wer die (Musik) Geschichte kennt, kommt auch mit der Zukunft zurecht. Dies bleibt als Fazit!
Roland Holzwarth: Salzkammergut Zeitung, 6.10.1998

  • SchmittkeGaryBarone
  • TomMller_SchmittkeGaryBarone_RolandHolzwarth