21.11.1997
Lehar Filmtheater, Bad Ischl

Albert Mangelsdorff: tb (D)
Chico Freeman: ts (USA)
Reto Weber : drums, perc (CH)
Musthwamy Balasubramoniam: mridangam (IND)
Djamchid Chemirani: zarb (IR)

Jazzgrößen in Bad Ischl...
Zwei Meister des modernen Jazz gastierten am Freitag im Lehartheater in Bad Ischl. Tenorsaxophonist Chico Freeman und Pousanist Albert Mangelsdorff porträtieren sich selbst mit ihren ganz persönlichen Stilen
Freeman hat die schwarze tradition seines Instrumentes hinter sich. In klangreiner Tongebung bildet er mit abgeklärtem und überlegeen Gestus seine Improvisationen. Er phrasiert pubktgenau am Beat. Das bringt den Blues und macht Spannung.
Mangelsdorff kontert ihm pointiert und kann natürlich auch seine Kunststücke mit Mehrstimmigkeit und Obertönen vorführen. Das Perccusionstrio des Schweizers reto Weber treibt mit swingender Begleitung an.
C. THOMMARK - Kronenzeitung, 23.11.1997

  • Mangelsdorff-Freeman-PercussionOrchestra_Klaus_Wallner
  • PercussionOrchestra_RolandHolzwarth

Musikalischer Kulturenmix mit höchstem Überzeugungsfaktor
Sprechende & tänzelnde "Trommelfelle" und antwortende Bläser: genau dieses Wechselspiel haben Freeman, Mangelsdorff und das Percussion Orchestra mit großer Treffsicherheit praktiziert. Das Publikum war dementsprechend hingerissen
Auf Tiefschläge folgen meistens Höhenflüge. Diese Abfolge von Up & Downs kennen die unermüdlichen Jazzfreunde Bad Ischl zur Genüge. Doch am vergangenen Freitag hat das randvolle Lehártheater nicht nur die Macher des genannten Vereins für vieles entschädigt. Anlaß zur allumfassenden Freude war das multikulturelle musikalische Projekt des Schweizers Reto Weber.
Seine Versuchsanordnung ist so neu nicht: den drei Percussionisten Musthwamy Balasubramoniam (Indien), Djamchid Chemiran ((Iran) und Reto Weber stehe zwei Großmeister des instrumentallen Jazz mit jahrzehntelanger Erfahrung gegeüber. Die Anreicherung des Instrumentenvortrags durch Ethno-Getrommel haben schon andere vor Weber probiert und dabei reüssiert. Doch ist das Ineinanderfließen diverser kultureller Spielarten immer wieder reizvoll.
An diesem Abend hat es auf jeden Fall ordentlich "gefunkt". Die Dramaturgie war klar konzipiert: Die beiden Bläser sollen die ungemein dichtmaschigen und komplexen Beats brechen, spiegeln, verzehren und neu zusammenfügen.
Soweit, so sehr gut! Es war in der Tat erfrischend, unterhaltend und vor allem überzeugend!
Jeder der fünf Musiker hat in Soloausflügen gelegenheit, seinen jeweiligen kulturellen Background, seine ethnische und musikalische Identität zu präsentieren. Dies sind dann auch die jeweiligen Zutaten und Elemente im großem Stil- und Kulturmix, der diesen Konzertabend ausmacht. So sind für den Zuhörer die vielen Facetten des zeitgenössischen Jazz erhör- und vor allem erlebbar.
Allerdings ist das große Ganze weit mehr als die Summe der eingefügten Einzelteile.
Die Qualitätn von Chico Freeman (ts) und Albert Mangelsdorff (tb) sind hinlänglich bekannt, ihre Beiträge zur Jazzentwicklung der letzten Jahrzehnte Legion. Ihre wahre Größe macht aus, sich in dieser Versuchsanordnung auf  ein Rollenspiel einzulassen.
Dei Grenzen verwischen ständig. Man erlebte die hochdramatische Arbeit, wie die Musiker mit ihren Blasinstrumenten die percussiven Muster auffangen und verarbeiten, und wie umgekehrt die Percussionisten das "Gebläse" aufgreifen und mit ihren Rhythmen verzahnen.
Emotional und impulsiv, aber nie gekünstelt
Dadurch wurde das Lehártheater zu einem Ort, wo man die hypnotisierende Gleichzeitgkeit von spontaner Interaktion und raumübergreifender Soundschichtung miterleben konnte.
Mangelsdorff kann wie kein anderer seine Pousane zum Thythmusgerät werden lassen, so wird er mit seinen leichtfüßigen Eruptionen zum Motor der  Darbietung. Nebenbei herrliches Undersatement im Sinne der gemeinsamen Sache.
Freeman bläst herrlich emotional und impulsiv, alle Facetten des schwarzen Musikamerikas beherrschend und auskostend. Der "Feshak" versteht sein Handwerk und überzeugt durch herrliche Bleus- und R&B-Zitate und legt sehr viel Soul in seinen Saxophonsound. Für alle Beteiligten steht trotz allem der Gruppensound im Vordergrund, keine großen Selbsdarstellunsversuche und keine manieristischen Ausbrüche.
Alle Posen fallen ab, die Musik spregt alle Grenzen der handelsüblichen Jazzgenres.
Für mich hatte die Vorstellung Gänsehautfaktor 8 auf der 10-teiligen Skala. Ein Veranstaltungsjuwel im zu Ende gehenden Jahr und in meiner persönlichen Konzertparade ganz oben.
Roland Holzwarth: Salzkammergut Zeitung, 28.11.1997
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