13.05.1994
CA Saal, Bad Ischl

Nicolas Simion: ts, bcl, reeds (RO/A)
Tomasz Stanko: tp (PL)
Ed Schuller: b (USA)
Victor Jones: dms (USA)

Bad Ischl im „Jazzfieber“
Die „Jazzfreunde Bad Ischl“ gehen mit Elan in die Zukunft. Sie haben heuer viel vor: ein Fest zum 15 jährigen Bestand, ein Konzert mit Charles Lloyd, die Fortsetzung von „Jazz in der Schule“ – ein eigenes Mitteilungsblatt gibt es schon
Die - unter neuer Führung – wieder regelmäßig geplanten Konzerte brachten Freitag das hervorragend besetzte Nicolas Simion Quartett in den CA-Saal. Ein toller Erfolg: Der gebürtige Rumäne Simion bläst ein emotionales Tenorsaxophon mit starker melodischer Bindung. Die musikalische Thematik seiner Heimat liefert anregende Bezüge dazu. Eine harmonisch reizvolle Begleitung unterlegt er mit der Bassklarinette einem der volltönenden Basssoli Ed Schulers. Der macht mit dem famosen Victor Jones am Schlagzeug die immer bestens präsente Rhythmusgruppe aus. Jazzveteran Tomas Stanko, einer der besten Trompeter Europas, bläst ein expressives Horn mit berührender Wärme.
CHRIS THOMMARK: KRONENZEITUNG – 15. MAI 1994

  • EdSchuller_Klaus_Wallner
  • VictorJones_Klaus_Wallner

Andere Räume, andere Stimmen
Nicolas Simion und seine Kollegen transportierten an einem Finanzumschlagplatz Musik statt Geld. Ein Beispiel für die Instrumentalisierung von Kultur
Mit der Performance des Nicolas Simion Quartetts erreichten die „Jazzfreunde“ im langjährigen Surfen im Auf und Ab des Veranstaltens wieder einmal einen Höhepunkt. Der Prunksaal der örtlichen CA-Filiale war belebt und die Stimmung ob des lauen Frühlingsabends und der bestens disponierten Band gelöst.
Die Gruppe um den Exilrumänen Nicolas Simion pflegt musikalisch mit goldener Trompete, wohldosierten Einzelleistungen im Solo und dynamischen Arrangements. So eher der Reform als der Revolution verpflichtet, wie die Veranstalter schon in der Einladung vermerkten, konnte nicht viel schief gehen.Bandleader Simion an Tenorsaxophon und Bassklarinette blieb bei den warmen Tönen und spürte in seinen Soloausführungen der Melodie nach und überließ die raueren Klänge seinem Trompeter Tomasz Stanko. Der altgediente Jazzer Stanko bewies seine Lust an Spiel und Klang durch das Einbeziehen des Raumes, indem er beim Spiel häufig den Standort wechselte, um die akustischen Eigenschaften des Saales auszuloten.
Gemeinsam mit Victor Jones am Schlagzeug und Ed Schuller am Stehbass entfalteten die vier Musiker eine mitreißende Schubkraft. Da wurde zwar ab und zu – vor allem bei den Breaks – die Präzision der Lebendigkeit geopfert, dafür entwickelte der Klangkörper umso mehr Wärme und Leben. So wurde das Konzert in zwei langen Sets und Zugaben zu einem komplexen Musikstrom, in dem die verhaltenen Passagen mit Geduld und Gefühl ausgespielt wurden, ohne dass der Faden riss.
Neben respektheischenden Einzelleistungen überzeugte das Nicolas Simion Quartett auch durch das geschlossene Zusammenspiel. Das Publikum hatte seine Freude daran und setzte
sich im Verlauf immer mehr über das Disziplin gebietende hinweg. So kamen die „Jazzfreunde“ wieder einmal zu einem gelungenen Abend und die CA zur Absicherung der corporate identity (seriös, aber mit Pfiff). Denn von einer „Besetzung“ des Handelsplatzes mit Kultur konnte keine Rede sein: Jazz war hier die Fortsetzung des Geschäftes mit anderen Mitteln.
A.SAVEL BISZ – 20.5.1994
  • NicolasSimonQuartett_Klaus_Wallner