02.12.1982
Kurhaus - Theatersaal, Bad Ischl

Harry Sokal: sax (A)
Uli Scherer: piano (A)
Heiri Känzig: bass (CH)
Joris Dudli: drums (A)

  • Timeless_JosefHandlechner

„Zeitloser“ Jazz
Wenn sich eine Jazzformation „Timeless“ nennt, dann fordert das förmlich zu einem Vergleich zwischen Programm und Realität heraus: Gelegenheit dazu war am Donnerstag der Vorwoche im Kurhaus von Bad Ischl, wohin die Jazzfreunde zu einem Konzert mit Harry Sokal, Uli Scherer, Joris Dudli und Heiri Känzig geladen hatten. „Time“ hat zwar nicht nur die Bedeutung von „Zeit“ (unter anderem ließe es sich auch mit Takt übersetzen, doch „taktlos“ wäre dann doch wohl eine etwas gewagte Translation), aber „Timeless“ wird sich bestimmt am ehesten mit „zeitlos“ übersetzen lassen. Damit aber noch nicht genug der Mehrdeutigkeiten: „Zeitlos“ kann ebensosehr das Abseitsstehen von Modetrends wie das Fehlen des Begriffes „Zeit“ bedeuten.
Nehmen wir „Timeless“ erstere Deutung, dann kommt allgemeingültiger, zeitloser Jazz dabei heraus. Die Formation bemühte sich sichtlich, diesem Anspruch gerecht zu werden – was zur Folge hatte, daß die Musik sehr intellektuell, kühl wirkte (um es profaner auszudrücken: aus dem Kopf, vom Verstand her kam, nicht vom Bauch – wie ein in jüngster Zeit recht geläufiger Spruch es ausdrückt).
Der 28jährige Wiener Saxophonist Harry Sokal war vielleicht der einzige, der diesen Plafond manchmal zu durchstoßen vermochte, der den Klangbildern Leben einhauchte. Ganz im Hintergrund Pianist Uli Scherer, als eines der größten Nachwuchstalente apostrophiert – er hatte kaum Möglichkeiten, seine Talente auszuspielen. Am Schlagzeug arbeitete der 1957 in New York geborene Joris Dudli fast zu brav, um nicht zu sagen, zu bieder.
Den Baß schließlich zupfte der gleichaltrige Schweizer Heiri Känzig, von dem auch der Großteil der Nummern geschrieben worden waren (die meisten sind auf dem 1980 entstandenen Album „Dreams“ zu finden) – Grund dafür (wenn auch vielleicht nicht Grund genug), wieder einmal kommentieren zu müssen, daß die Feststellung, unsere westlichen, eidgenössischen Nachbarn seien von nicht gerade überschäumender Phantasie begnadet, tatsächlich irgendwo ihre Berechtigung hat.
JOSEF H. HANDLECHNER – SALZKAMMERGUT ZEITUNG - 21. OKTOBER 1982